Hier nun mal ein erster Vorgeschmack auf das, was hoffentlich bald fertig wird:
Ein neues Leben anfangen - das klingt so verlockend aber wirklich möglich ist das eher nicht, dachte sich Richard während er sich den Schweiß aus dem Gesicht wischte. Während der letzten drei Stunden hatte er sein ganzes Leben in diversen Kisten und Körben in den dritten Stock des unscheinbaren, grau-blauen Mietshauses geschleppt und kam immer mehr zu der Überzeugung, dass er vor seinem überstürzten Umzug viel mehr hätte wegschmeißen sollen.
Aber wie es nunmal immer war, bei vielen Dingen dachte er sich, dass er sie mit SIcherheit noch bräuchte und ernsthaft vermissen würde, wenn er sie losließe. Dabei hatte er leider nicht bedacht, dass er ganz alleine seinen Einzug bewältigen musste und keinerlei Hilfe hatte.
Wenn man wirklich ein neues Leben anfangen wollte, müsste man schließlich nicht nur seine Umgebung, Freunde, Bekannte, etc. verlassen, sondern müsste eigentlich auch sich selbst hinter sich lassen. Doch wie sollte das gehen? Gewohnheiten verändern oder ablegen, sich einen neuen Namen zulegen, sein Äußeres verändern? Auch wenn Richard das alles bereits erledigt hatte, sein bisheriges Leben nahm er schließlich spätestens durch seine Erinnerungen irgendwie mit.
Es gab so vieles, an das er sich nicht mehr erinnerte, doch die Dinge, vor denen er eigentlich weglief, die wollten einfach nicht aus seinem Gedächtnis verschwinden - ja nicht einmal weit genug nach hinten verrutschen, damit er nicht mehr täglich daran denken müsste. Er redete sich ein, dass das bestimmt damit zusammenhing, dass er die vergangenen Erlebnisse noch nicht verarbeitet hatte. Noch heute - fast vier Monate später - sah er immer wieder, wenn er die Augen schloss, das Gesicht der jungen Frau vor sich, wie sie schmerzverzerrt in seine Augen blickte und plötzlich kraftlos in sich zusammen sackte und auf dem Bürgersteig lag. Es war nicht die Gewissheit, dass sie tot war. Richard hatte in seinem Leben schon einige Leichen gesehen, auch wenn es sich bei diesen in der Regel um alte Menschen handelte, deren Zeit einfach gekommen war. Es war die klare Erkenntnis, dass sie absolut nichts mit seinen Problemen zu tun hatte, ihn nicht einmal kannte und trotzdem an seiner Stelle getötet wurde. Bis zu dem Zeitpunkt hatte Richard sich eigentlich für einen recht abgebrühten und eher coolen Menschen gehalten, der so schnell durch nichts beeindruckt werden könne. Doch dieses Bild, dieser Gesichtsausdruck - eine Mischung aus Überraschung, Schreck und völligem Unverständnis - ließ ihn bis heute erschauern und das Gefühl erleben, dass er wackelige Beine bekam. Natürlich war der Aspekt, dass die Kugel, die die junge Frau erwischt hatte, eigentlich ihm galt auch nicht ganz unschuldig daran.
Ich hoffe der kleine Auszug weckt ein wenig Interesse und macht Lust auf mehr...
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